Mittwoch, 21. November 2007

Alte Bilder in meinem Kopf von Menschen, die mir nah waren und dabei fremd geblieben sind

Es passieren so manchmal so einige Dinge, über die ich nichts anderes als grübeln kann. Ich weiß nicht woran es liegt, aber manchmal habe ich das Gefühl, ich würde platzen. Man nimmt hier an, dass ich immer nur lieb und brav und nett bin, aber ich habe so langsam keine Lust mehr darauf, dass man mich nur noch provoziert, um herauszufinden, wie ich bin, wenn ich wütend bin. Ihr wollt es nicht wirklich wissen, glaubt mir. Eigentlich zeugt es doch nur von Kindergarten, dass man andere Leute die ganze Zeit versucht, zur Schnecke zu machen oder andere zu ignorieren. Sowas nennt man auf Neudeutsch „Mobbing“ (obwohl es ja „bullying“ im Englischen heißt) und wenn höhergestellte Leute dem kein Ende setzen und die Person, die mobbt merkt, dass sie damit durchkommt, wird sich nie was ändern. Ich komme auf Arbeit. Ich habe gute Laune. Dann sehe ich ein Gesicht, dass voller Ekel auf mich gerichtet ist. Und dann erinnere ich mich daran, wie schön es den Tag zuvor war. Niemand, der mobbt, noch nicht mal ansatzweise. Vielleicht ein Senior, der einem nicht wirklich sagt, was man zu tun hat bei einem Problem (kein Voucher, kein dies und kein das) und man deswegen von dem Mobber am nächsten Tag extra rund gemacht wird. So als klammert man sich an ein bisschen Freude, erinnert man sich dann an seinen Lieblingsgast. Und auf einmal steht der vor einem, mit diesem unwiderstehlichen, freundlichen Lächeln vor einem und stellt fest, dass er mich ja lange nicht mehr gesehen hat. Und dass er hofft, dass es mir gut ergangen ist. Ich bin beeindruckt, wie hell (und nicht weiß) Haar sein kann, dass ich froh bin, dass mich hier niemand wegen meiner Blässe aufzieht und dass es doch noch wunderbare Menschen gibt. In diesen Momenten, wenn meine Hand mein Herz umklammert, denke ich an Mr Krück; ich vermisse ihn sogar beinahe. Zwei Stunden später, ich bin kurz davor, meine Schicht zu beenden, müssen Fred(erike) und ich anfangen zu lachen. Mein Lieblingsgast sitzt mit ein paar Kollegen im Empfangsbereich. Ja, bei uns darf man lachen. Ich bekomme mich nicht mehr ein und stelle verwundert fest, wie ich lächelnd beobachtet werde. Meine Schicht ist beendet, mein Lieblingsgast und seine Kollegen sind einen in Covent Garden kübeln. Ich vermisse Menschen, die ich nicht kenne. Ich vermisse Menschen, die mich nicht kennen. Ich vermisse Menschen, die meinen Namen nicht kennen. Ich liege auf meinem Bett und starre die Decke an. Kurz vor Ladenschluss entschließe ich mich, nochmal einkaufen zu gehen. Kurze Dusche.

Nächster Morgen, schlecht geschlafen. Schlecht gelaunte Arbeitskollegin, arbeitsreicher Morgen, Anschisse en Masse. So langsam bin ich es leid, für alles immer der Sündenbock zu sein, aber ich kann genauso wenig sagen XYZ hat auf meine Anfrage gesagt, dass das so okay ist, dann würde ich ja alles immer auf andere schieben. Ich hänge einen großen Teil des Morgens am Telefon. Ich hoffe, dir geht es gut bis wir uns mal wiedersehen, sagt mein Lieblingsgast. Herzlich muss ich dabei lächeln. Mein Lieblingsgast strahlt mich an. Es ist lange her, dass mir jemand, der mich nicht kennt und den ich nicht kenne, so etwas nettes sagt. Mein Herz rutscht mir in die Hose, ich muss mir Freudestränen verkneifen (ich hatte eine scheiß Woche mit 12 Tagen am Stück arbeiten). Manchmal kommt doch etwas zurück von den Menschen, zu denen man nett ist, manchmal, auch nur manchmal habe ich das Gefühl, dass Menschen wissen, dass man für sie da ist und gelegentlich habe ich auch das Gefühl, das Menschen einen ernsthaft schätzen. Wenn nur die Menschen, die einen kennen und die man kennt, auch mal so freundlich wären wie mein Lieblingsgast – dann wäre mein Herz um einen Schmerz ärmer.

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