Freitag, 1. Juni 2007

Notizen 01/06/07

Ihr dachtet, die Samstagsausgabe der FAZ ist dick? Wartet, bis ihr die Freitags-, Samstags- oder Sonntagsausgabe der Times, des Independent oder des Guardians in den Haenden gehalten, hinter euch hergeschleift oder vor euch aufgestapelt liegen gesehen habt. Da gibt es tausende Nebenzeitschriften der Zeitschrift der Zeitung, aber gelegentlich auch mal kostenlos CDs oder DVDs oder Hoerspiele oder Buecher. Hattet ihr das schonmal in der FAZ in regelmaessigen Abstaenden? Ich kann mich nicht daran erinnern - und ich hatte die FAZ fuer ein Jahr abonniert. Ich lasse die Yellow Press mal aussen vor, da diese Zeitungen eigentlich nichts ausser Gossip (nein, ich meine nicht die Band) zu bieten haben. Fuenf Meter grosse Buchstaben, schlimmere Bilder als in der deutschen Bild und eine Berichterstattung, die einem nach mindestens zwei Minuten Lektuere ausm Hals haengt. Ach ja, Berichterstattung. Die Briten sind verrueckt nach dem kleinen Maedchen, dass in Portugal verschwunden ist und auf mindestens drei Zeitungen gleichzeitig sind ihre Eltern. Entweder die Eltern sind groessenwahnsinnig oder haben einen guten PR-Berater, ich kaufe ihnen jedenfalls nicht mehr ab, dass sie nur fuer das Wohl ihrer (noch lebenden??) Tochter handeln. Aber - wer sind die McCanns, dass sie ne Audienz beim Papst haben? o.O Ist ja schoen und gut, dass alle ein grosses Trara um das Verschwinden von Maddie machen, aber es gibt so viele Kinder jedes Jahr die verschwinden und fast auf die gleiche Weise und keiner kuemmert sich darum. Ich vermisse hier eher die Berichterstattung ueber die britischen (und deutschen) Geiseln (Irak, ihr wisst schon). Nun ja, wenn die Medien hier in England mal was gefunden haben, schroepfen sie es so lange aus, bis wirklich keiner mehr etwas davon hoeren will.

"SHE'S A PAIN IN THE ARSE".
Jaja, mancher Gast koennte durchaus als DRAGON oder eben als Schmerz im Hintern beschrieben werden. Aber was waeren wir ohne unsere lieben Gaeste, von denen ein Grossteil vor Hochmut, Eitelkeit und Selbstueberzeugtheit strotzt? Ich muss sagen, seitdem ich hier meine Frau an der Rezeption stehe (und das ist grade mal ein wenig ueber nen Monat) muss ich einige Vorurteile ueber Deutsche, die durch die Weiten der Welt schwirren, bejahen. Ich spreche aus eigener Erfahrung (waere ja bloed, wenn ich meinen Landsleuten Stereotypen aufzwingen wuerde):
1. Sprich Deutsche, vor allem die ueber 40, nicht auf Deutsch an, wenn sie glauben, sich auf sicherem englischen Territorium zu befinden
2. Laechle sie nicht an, es nuetzt eh nichts
3. Noch bevor sie ihre Personalien niedergeschrieben haben erkennst du sie an ihrem Akzent
4. Deutsche rasten schnell mal wegen nichts aus
5. Deutsche rallen den Unterschied zwischen ENGLISH und CONTINENTAL BREAKFAST nicht
6. Erwarte keinen Dank, auch wenn du dir fast die Knochen brichst, um den Housekeeper zu erreichen.
7. Erwarte einen Schwall aus Hasstiraden und Unfreundlichkeit, wenn du ihnen erklaeren musst, dass z.B. ihr Zimmer noch nicht bezugsfertig ist (was kein Wunder ist, wenn sie frueh um acht kommen, obwohl die Check-In Zeit um 14 Uhr ist)
8. MERKE: Maenner benehmen sich am besch*********.

"I CAN'T FIND ME GLASSES"
Ich mag Briten immer mehr (abgesehen von den Zaehnen und den komischen Kaeuzen, die hier ueberall rumschwirren), vor allem aber ihre liebenswuerdige Angewohnheit, anstatt "MY" "ME" zu sagen. Koennte man fuer trivial halten, ist aber irgendwie toll.


Aber manchmal, wenn ich so hinter meinem Desk stehe und nichts zu tun ist und ich vergesse, das mir mein Ruecken wehtut und meine Fuesse, dann starre ich quasi Loecher in die Luft. Nein, ich starre nicht, ich beobachte, was vor dem Hotel so vor sich geht. Da sieht man die Businessmen, 50 Meter rosa (knallrosa) Strech-Limos, Opis auf total tollen Elektro-Rollern, die den gesamten Verkehr blockieren. Und gelegentlich glaube ich, bekannte Gesichter aus Deutschland zu sehen, manchmal bin ich sogar fast sicher, dass das einer meiner Freunde ist, aber dann erinnere ich mich daran, dass ich in London stehe.

Und wenn ich auf der Loo bin (= Schuessel = Klo) und mir so das Klopapier ansehe, fuer dass ich mir fast den Nacken ausgerenkt habe, dann frage ich mich, wie lange es wohl dauern wuerde, so eine Riesenrolle vollzuschreiben (mit Geschichten und so weiter) und ob es eigentlich Kulis gibt, die speziell dafuer gemacht sind, auf Klopapier und/oder Servietten zu schreiben. Mrs Rowling hats ja auch irgendwie hinbekommen. Vielleicht sollte ich mir ein Beispiel nehmen und mich mit ner Rolle Klopapier ins Restaurant setzen.